Gutachten zum EU-Mercosur Abkommen: Nur mit verbindlichem Waldschutz

  • In der Ampel haben wir die Bedingungen für eine Ratifizierung des EU-Mercosur Abkommens klar festgelegt. Dazu gehört der Abschluss einer praktisch durchsetzbaren Zusatzvereinbarung zum Schutz und Erhalt der bestehenden Waldflächen.
  • Denn: Wenn der Regenwald stirbt, kippt das Klima. Vor allem der Amazonas ist eine Lebensversicherung für die Zukunft von uns Menschen auf diesem Planeten.
  • Unser Gutachten zeigt konkret auf, wie sich ein verbindliches Waldschutzinstrument im Rahmen einer Vertragsergänzung völkerrechtlich in das Abkommen implementieren lässt.

Mit dem neuen brasilianischen Präsidenten Lula und den weiteren Staaten des Mercosur – Argentinien, Paraguay und Uruguay – besteht die historische Chance, einen wirksamen Schutz des Regenwaldes im Zuge der Ratifizierung des EU-Mercosur Abkommens zu vereinbaren. Die Rahmenbedingungen dafür haben wir im Koalitionsvertrag und der Weiterentwicklung der Handelsagenda der Ampel festgehalten. Neben umsetzbaren und überprüfbaren Verpflichtungen zum Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsschutz muss eine praktisch durchsetzbare Zusatzvereinbarungen zum Schutz und Erhalt bestehender Waldflächen abgeschlossen werden.

Für uns gilt der Koalitionsvertrag. Wir beantworten die Frage, wie ein völkerrechtliches Waldschutzinstrument in internationale Handelsverträge wirksam und durchsetzungsfähig implementiert werden kann.“

Maik Außendorf, Berichterstatter für Außenwirtschafts- und Handelspolitik

Das bekannt gewordene Auslegungsinstrument der EU-Kommission entspricht diesen Anforderungen nicht, da es keine substanziellen Verbesserungen des Waldschutzes bewirkt. Zu diesem Schluss kommt das Fraktionsgutachten und liefert konkrete Vorschläge, wie ein verbindliches Waldschutzinstrument anhand einer Vertragsergänzung ausgestaltet werden kann – ohne die bisher ausgehandelten Vertragsteile zu ändern.

Das Waldschutzinstrument

Gleich zu Beginn des Gutachtens wird klar, dass die Implementierung eines Waldschutzinstruments in das gegenwärtig verhandelte Abkommen nicht nur völkerrechtlich möglich, sondern auch unionsrechtlich geboten ist.

„Es ist unsere unionsrechtliche Verpflichtung, das Mercosur-Handelsabkommen im weiteren Prozess so zu ergänzen, dass es zum Erhalt der bestehenden Ökosysteme beiträgt, statt sie zu gefährden.“

Maik Außendorf

Ein effektives völkerrechtliches Waldschutzinstrument verpflichtet die Vertragsparteien, weitere Entwaldung zu verhindern, ein eigenes Waldschutzrechts aufzubauen und regelmäßig über die Umsetzung zu berichten. Das gilt für die EU und die Mercosur-Staaten gleichermaßen.

Für die effektive Durchsetzung des Waldschutzinstruments zeigt das Gutachten zwei Möglichkeiten auf: die Implementierung eines innovativen Anreizmechanismus oder die Eingliederung in den bereits bestehenden allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus des Handelsabkommens.

Im Gegensatz zu den Handelsbestimmungen, wie Zollerleichterungen oder Importquoten, haben Verletzungen von Nachhaltigkeitsvorschriften im bisherigen Entwurf des Mercosur-Abkommens keine handfesten Konsequenzen. Das lässt sich ändern, wenn auch das Waldschutzinstrument in den allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus aufgenommen wird.  So besteht die Möglichkeit, bei Verletzungen der Waldschutzverpflichtungen Handelszugeständnisse auszusetzen, was in der gegenwärtigen Form des Abkommens explizit ausgeschlossen ist.

Einen anderen Ansatz wählt die Variante des innovativen Anreizmechanismus. Das Besondere dieser Form der Durchsetzung ist, dass sie sich nicht dem Mittel der Sanktion bedient, sondern durch wirtschaftliche Vorteile positive Anreize zum Waldschutz schafft. Halten die Vertragsparteien die im Waldschutzinstrument vereinbarten Pflichten ein, werden neue Handelsvorteile freigeschaltet. Ein neues unabhängiges und zivilgesellschaftlich besetztes Waldschutz-Komitee stellt fest, ob die Vorgaben erfüllt werden.

Hintergrund zum Abkommen

Eine Einigung über den Handelsteil des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und den Staaten des Mercosur wurde am 28. Juni 2019 nach fast 20-jähriger Verhandlungsdauer erzielt. Der formelle Abschluss des Abkommens steht noch aus, da die EU-Kommission derzeit nachhaltigkeitsbezogene Begleitmaßnahmen im Rahmen der bereits erwähnten Zusatzvereinbarung sondiert (z.B. Entwaldung, s.o.).

Das Abkommen ist aufgrund seiner politischen und (geo)strategischen Bedeutung, seiner wirtschaftlichen Relevanz und der sich teilweise noch in Verhandlung befindenden Nachhaltigkeitsbestimmungen für Deutschland und die EU von Bedeutung. Mit Hilfe des Abkommens könnten internationalen Handelsbeziehungen vertieft, Lieferketten diversifiziert sowie geopolitischen Herausforderungen begegnet werden.

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