MERCOSUR-Abkommen vorerst gescheitert 8. Dezember 202312. Dezember 2023 Wir als Koalition haben ein neues Kapitel in der Handelspolitik eingeleitet – ein Kapitel, das Klimaschutz und Nachhaltigkeit endlich in den Mittelpunkt der Handelspolitik stellt. Wir haben Ansprüche formuliert und setzen diese mit der erfolgten Ratifizierung von CETA, dem Abschluss der Handelsverhandlungen mit Neuseeland, den finalen Verhandlungen mit Chile und Mexiko und dem Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag auch um. In der Ampelkoalition haben wir die Bedingungen für eine Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens klar festgelegt. Der Schutz des Amazonas und gute Lebensbedingungen für die Menschen vor Ort liegt in unserem Interesse genau wie im Interesse der Mercosur-Staaten. Es ist unsere unionsrechtliche Verpflichtung, dass das Mercosur-Handelsabkommen zum Erhalt der bestehenden Ökosysteme beiträgt, statt sie zu gefährden. Unser Ziel war es, den Schutz des Regenwaldes innerhalb des Handelsabkommens völkerrechtlich abzusichern und verbindlich gemeinsam mit den Mercosur-Staaten zu vereinbaren. Hierzu haben wir als Grüne Bundestagsfraktion lösungsorientiert mittels eines Gutachtens aufgezeigt, wie die in der Handelsagenda der Bundesregierung festgehaltenen umsetzbaren und überprüfbaren Verpflichtungen zum Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsschutz sowie der Schutz des Amazonas umgesetzt werden könnten. Die Südamerikanischen Partnerländer sind im Laufe der Verhandlungen mit einer Vielzahl inhaltlichen Forderungen an die EU-Kommission als Verhandlungsführerin herangetreten, um den fundamental unterschiedlichen Ausgangslagen beider Kontinente besser entsprechen zu können. So tragen in Südamerika sowohl Exportsteuern, als auch Importsteuern von durchschnittlich 32% erheblich zur Staatsfinanzierung bei, wohingegen die EU in keinster Weise zur Haushaltsfinanzierung auf die deutlich geringeren Zollsätze angewiesen ist. Ebenso hat die Kommission Regelungen zum Dual Pricing verweigert, wie sie im EU-Chile Assoziierungsabkommen vereinbart wurden. Auch zu Zugeständnissen für Ausnahmen bei der nationalen Vergabe in Südamerika war die Kommission nicht bereit. Wir haben im deutschen Bundestag mit den handelspolitischen Beschlüssen der Koalition klar zum Ausdruck gebracht, dass in unserem Verständnis von moderner Handelspolitik wirtschaftliche Interessen gleichrangig neben globaler Zusammenarbeit und Partnerschaft stehen. Das Verhandlungsmandat umfasst drei Säulen: Wirtschaft, Politik und globale Zusammenarbeit. Bei einem Abschluss nur des wirtschaftlichen Teils des Assoziierungsabkommens ist nicht ersichtlich, wie die im politischen Teil festgehaltenen Standards der internationalen Arbeitsorganisation oder die internationale Kooperation beim Waldschutz gesichert werden können. Brasilien zeigt die Grenzen unserer Wohlstandserzählung vom ständig notwendigen Wachstum. Ohne die Unterstützung beim Aufbau neuer nachhaltiger Wohlstandsprojekte lässt sich kaum verhindern, dass die Brasilianer für kurzfristige Profite und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auch weiterhin Wald am Atlantik, im Amazonas und im Cerrado zerstören. Dies gilt auch für die Rohstoffgewinnung, die zu einem Großteil für Abnehmer in Europa erfolgt. Wir stehen daher in der Bringschuld, Lula mit seinen Projekten zu unterstützen, Wertschöpfung vor Ort zu fördern und gerade den Handel mit qualitativ hochwertigen Produkten aus dem Regenwald zu erleichtern. Es ist enorm wichtig, nach dem Ende der Bolsonaro-Präsidentschaft wieder die Kommunikation mit den gesamten Celac-Staaten (Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten) zu intensivieren, doch müssen wir den Südamerikanern zugestehen, legitime Nachforderungen formuliert zu haben. Entsprechend ist genau zu prüfen, ob die EU-Kommission bezüglich Ausnahmen bei der nationalen Vergabe, lokaler Wertschöpfung (Dual-Pricing) und industriegefährdenden Zollerleichterungen den Mercosur-Staaten entgegengekommen ist. Klar ist: Erst wenn die klar formulierten Bedingungen für Nachhaltigkeitskapitel und effektiven Waldschutz erfüllt sind, dann – und und nur dann – entspricht das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen der handelspolitischen Agenda.