Bundestagsrede: Zur Neuausrichtung der (transatlantischen) Handelspolitik – warum es eine sorgfältige Debatte zur Ratifizierung von CETA bedarf.

Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag, den 15. März 2022 mit seiner schriftlichen Urteilsverkündung die größte Verfassungsbeschwerde Deutschlands von 125 000 Menschen und den zivilgesellschaftlichen Organisationen Campact, Mehr Demokratie und foodwatch gegen das Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) recht unspektakulär abgeschlossen. In seiner Urteilsbegründung bestätigt es zwar, dass CETA in der vorläufigen Anwendung verfassungskonform ist, klammert die Frage der Verfassungskonformität der umstrittenen Sonderklagerrechten aber bewusst aus, da diese noch nicht in Kraft sind und fordert explizit eine demokratische Rückbindungen der Entscheidungen der CETA-Ausschüsse an die Bundesregierung und den Bundestag.

Das BVerfG hat entgegen mancher Darstellung mit diesem Urteil nicht den Weg frei gemacht für eine sofortige, rechtssichere Ratifizierung, vielmehr gilt es das Urteil intensiv zu lesen und in die im Koalitionsvertrag vereinbarte Debatte einzusteigen. Diese muss sich an den für zukünftige Abkommen vereinbarten Leitplanken orientieren: einklagbare Nachhaltigkeitskriterien und eine klare Ausrichtung an ökologischen und sozialen Standards.

Mit den Formulierungen zeigen wir, dass wir nicht nahtlos an die Politik der Vorgängerregierung anknüpfen – Wirtschaften auf Kosten der Umwelt, und zu Lasten von Verbraucher- und Gesundheitsschutz – sondern, dass wir eine NEUAUSRICHTUNG der Handelspolitik, die konsequent soziale, ökologische Kriterien und vor allem das Pariser Klimaschutzabkommen zu einklagbaren Bestandteilen von Handelsabkommen macht, anstreben. Diese  Punkte  müssen  in  die  jetzt  zu  führenden  Gespräche  in  der  Koalition  über  die  Frage  der  Ratifizierung  aufgenommen  werden  –  aber  –  und  das  gilt  ganz  besonders  in  der  derzeitigen  Lage  – mit  der  nötigen  Ruhe  und  Bedacht.

Die von der Union geforderte überhastete Ratifizierung ist weder rechtlich, noch handelspolitisch notwendig. CETA ist seit 2017 weitgehend in Kraft und der prognostizierte Anstieg des Handelsvolumen auch ohne die Regelungen zur Investorenschutzklage – die Unternehmen das Recht geben Staaten nach politischen Entscheidungen auf entgangene Gewinne zu verklagen – bereits eingetreten.

Am Freitag, den 18.03.2022 hat der Bundestag über zwei Anträge der Opposition zur Ausrichtung der transatlantischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit der Forderung unverzüglich den CETA-Ratifizierungsprozess abzuschließen und für die Anwendung des Assoziierungsabkommen der EU mit den Mercosur-Raum einzutreten debattiert.

Mit dieser Rede durfte ich die Diskussion bereichern:

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