Gastbeitrag im IfKom-Journal: Mit Innovation zur CO2-Reduktion – Wir benötigen Kreativität und Bandbreite

Für die aktuelle Ausgabe des Journals der Ingenieure für Kommunikation (IfKom) durfte ich meine Sicht darauf auslegen, wie der Infrastrukturausbau Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit stärkt. Hier mein Gastbeitrag:

Auf dem Greentech-Campus in Enge-Sande in Nordfriesland gibt es ganzjährig Erdbeeren, frische Kräuter und Mikroalgen. Diese wachsen in einem Gewächshaus, das die Abwärme eines Rechenzentrums über ein Rohr zu den Pflanzen leitet. Ich persönlich finde die Rechenzentren des Start-ups Windcloud grandios. Denn der Energieverbrauch von Rechenzentren ist eine große Herausforderung für das Klima, doch durch das Gewächshaus auf dem Dach und die Algen, die zudem noch CO2 binden, ist die kleine „Serverfarm“ von Windcloud in Summe sogar Klima-positiv.

Es liegt in der DNA von Ingenieur*innen und Informatiker*innen, Probleme als Herausforderung zu betrachten und mit innovativen Lösungen zu begegnen. Ich selbst bin Mathematiker und daher fasziniert von kreativen Lösungen, die uns einer klimaneutralen Digitalisierung näher bringen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Digitalisierung das Potenzial hat, CO2 Emissionen einzusparen, sofern wir sie effizient nutzen. Dafür benötigen wir jedoch Anreize und Leitplanken für den effizienten Einsatz von Ressourcen und schnellen Glasfaserausbau, damit hohe Bandbreiten auf dem Land und in der Stadt verfügbar sind.

Digitale Innovationen zur Erreichung der Klimaziele

Digitale Technologien haben das Potenzial den Ressourceneinsatz zu optimieren, und damit zu reduzieren. Laut einer Studie des Branchenverbands Bitkom kann der CO2-Ausstoß durch den gezielten Einsatz digitaler Lösungen jährlich um 102-150 Megatonnen reduziert werden. [1]Eine große Herausforderung ist jedoch der steigende Energieverbrauch von Rechenzentren, Endgeräten und Übertragungsnetzen. Eine Digitalisierung ohne sozial-ökologische Rahmenbedingungen wäre wie auf der Autobahn ohne Leitplanken und Sicherheitsgurt zu rasen, nämlich fahrlässig. Die Digitalisierung selbst muss mit Maßnahmen flankiert werden, die den Ressourcenverbrauch begrenzen und Rebound-Effekte, bei denen Effizienzsteigerung zu erhöhtem Verbrauch führt, vermeiden.

Damit die Digitalisierung zur Einhaltung der Klimaziele Deutschlands bis 2030 beiträgt, müssen wir den Ressourcenverbrauch minimieren. Zwei Beispiele aus dem Arbeitsalltag und der Landwirtschaft zeigen, wie dies durch Digitalisierung möglich wird, und warum eine flächendeckende Versorgung mit Breitband dafür notwendig ist.

CO2-Vermeidung im Homeoffice 

Das Freiburger Öko-Institut hat errechnet, wie sich das Arbeiten im Homeoffice auf die Umwelt auswirkt. Das Ergebnis: Zuhause verbrauchen wir zwar mehr Energie, sparen aber viel CO2 durch weniger Pendeln. Der Großteil (93 Prozent) der verkehrsbedingten Emissionen auf Pendelwegen ist auf Fahrten mit dem Pkw zurückzuführen. Angenommen, bis zu 70 Prozent der Berufspendler sind während der Pandemie zum Arbeiten zu Hause geblieben, dann sind so allein im vergangenen Jahr 38 Milliarden Pkw-Kilometer nicht gefahren worden. Das ergibt bei rund 200 Gramm CO2 pro Autokilometer bereits eine Ersparnis von rund acht Millionen Tonnen CO2. Unter dem Strich, so das Öko-Institut, sind die CO2-Einsparungen durch Homeoffice im Bereich Mobilität enorm. [2]

Und das bedeutet: Wer im Homeoffice arbeitet, tut tatsächlich etwas für den Klimaschutz. Die Corona-Pandemie hat uns ein Fenster eröffnet, in dem eine Transformation der Arbeitswelt hin zu reduziertem Individualverkehr möglich war. Für die Zukunft wird es darauf ankommen, sowohl in den Unternehmen als auch politisch die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Chancen für Umwelt und Gesellschaft realisiert und gleichzeitig die negativen Auswirkungen möglichst minimiert werden.

Deshalb benötigen wir auch jetzt Anreize für zeit- und ortsflexibles Arbeiten oder eine Reduktion der Arbeitszeit. Mobiles arbeiten hilft so, nervenaufreibenden Staus während des Pendlerverkehrs zu vermeiden und die Umwelt zu schonen.

Bits auf dem Bauernhof

Landwirt*innen und große industrielle agrarwirtschaftliche Betriebe stehen vor der Herausforderungen der fortschreitenden Klimakrise mit extremeren Wetterlagen. Vor diesem Hintergrund brauchen wir neue Antworten auf diese Herausforderungen in der Agrarpolitik.

Digitalisierung kann laut Bitkom[3] hier zu effizienterem Einsatz von Düngemittel und in der Nutztierhaltung führen. Digitale Düngemittel-Applikatoren in der Bodenbewirtschaftung erhöhen die Transparenz, steigern die Ressourceneffizienz und reduzieren die Umweltverschmutzung. Diese Applikatoren mit variabler Dosiermenge erfassen und analysieren die Bodenbeschaffenheit und ermöglichen so eine optimierte Düngung und Kalkung. Durch den Einsatz von Düngemittel-Applikatoren konnten durchschnittlich zwischen $10-$30 pro Hektar Boden im Vergleich zu einer Pauschaldüngung eingespart werden. Auch ín der Nutztierhaltung verbessern digitale Tierhaltungssysteme die Kontrolle der Viehbestände, fördern die Tiergesundheit und helfen Produktqualität und Erträge zu steigern. Auch hier ist das Reduktionspotenzial enorm. Bis zu 53% der pro Tier ausgestoßenen Methanemissionen konnten reduziert werden.

CO2-Reduktion durch Glasfaserausbau

Sowohl Homeoffice als auch intelligente Landwirtschaft sind jedoch nur möglich, wenn eine stabile, breitbandige Internetverbindung besteht. Daher benötigen wir Internet an jeder Milchkanne. Glasfaser spart zudem auch in der Datenübertragung Energie. Das Umweltbundesamt hat beispielsweise berechnet, dass die Art der Übertragung entscheidend ist für die Klimabilanz von Internetnutzung. Wenn wir zu Hause Filme über einen Glasfaser-Anschluss streamen, ist der CO2-Ausstoß gleich deutlich geringer als eine Datenübertragung via Kupferleitung. [4]Durch den Breitbandausbau können wir also unseren digitalen Alltag deutlich ökologischer gestalten. 

Als Grüne haben wir gemeinsam mit unseren Koalitionspartner*innen im Koalitionsvertrag die geeigneten Rahmenbedingungen vereinbart, mit denen wir den Ausbau von Glasfaseranschlüssen vorantreiben. Die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren beispielsweise ist essentiell zur Beschleunigung der Planung und Bauvorhaben. Gleichzeitig müssen alternative Verlegetechniken wie Trench-, Fräs,- und Pflugverfahren verstärkt eingesetzt werden. Das heißt: Bedenken bezüglich Ausbaurisiken und unerwarteten Bauschäden bei Kommunen und der Baubranche müssen aufgefangen werden. Außerdem wird das Gigabit-Grundbuch mehr Transparenz schaffen und Informationen bündeln und weiße Flecken werden ab 2023 bevorzugt ausgebaut.

Für die Erreichung der Klimaziele müssen engagierte Maßnahmen und auch Förderungen geschaffen werden, um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen. Eine Digitalisierung, die den effizienten Einsatz von Technologien fördert, ist eine davon. Im Koalitionsvertrag haben wir Superabschreibungen für Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz vereinbart – damit machen wir nötige Investitionen attraktiver. Ich freue mich über jedes Beispiel, bei dem Technologie kreativ zum Einsatz kommt und so CO2 reduziert wird. Haben Sie von einer solchen gehört oder entwickeln gar selbst eine innovative Technologie? Lassen Sie mich das gern wissen. Denn Bürger*innen, Ingenieur*innen, Landwirt*innen und Tüftler*innen können zu kreativen Lösungen kommen, sofern sie Zugang zu schnellem Internet haben und die richtigen Rahmenbedingungen gegeben sind.


[1] https://www.bitkom.org/sites/default/files/2021-03/bitkom_studie_klimaeffekte-der-digitalisierung_final_210318.pdf, aufgerufen am 02.06.2022.

[2] https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/compan-e_Homeoffice.pdf, aufgerufen am 02.06. 2022.

[3] https://www.bitkom.org/sites/default/files/2021-03/bitkom_studie_klimaeffekte-der-digitalisierung_final_210318.pdf, aufgerufen am 02.06.2022.

[4] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/video-streaming-art-der-datenuebertragung, aufgerufen am 02.06.2022.

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