Reise mit Robert Habeck in die Wirtschaftsmetropolen Indiens

Mitte Juli durfte ich eine Delegation um Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Indien begleiten. Das Land ist die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt und löst derzeit China als das Land mit der größten Bevölkerung ab. Der bilaterale Handel zwischen der Bundesrepublik und Indien hat 2022 das zweite Jahr in Folge deutliche Zuwächse um 14% verzeichnet – trotz  einer volatilen Lage der Weltwirtschaft – und betrug laut Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 31,4 Milliarden US-Dollar. Indiens Wirtschaft ist robust, schafft jedoch noch zu wenige Arbeitsplätze für die wachsende Bevölkerung. Entsprechend ist der Regierung daran gelegen, mit Reformen beim Bürokratieabbau und Investitionsanreizen den Produktionsstandort zu stärken. Deutsche Unternehmen können beim Aufbau nachhaltiger Produktionsstandorte einen wesentlichen Beitrag leisten und anderseits sehr gut profitieren.

Das 3-tägige Reiseprogramm führte von Neu Delhi über Mumbai nach Goa und war mit Terminen dichtgepackt. Wie auf Delegationsreisen üblich, begann das Programm mit einem ausführlichen Briefing durch die Botschaft, sowie durch Vertreter*innen von Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit.

Verbunden mit einem Besuch im Parlament hatten wir begleitenden Abgeordneten die Gelegenheit zu einem ausführlichen Austausch mit Mitgliedern des indischen Wirtschaftsausschuss. Hier wurden vor allem gemeinsame Interessen ausgelotet: Zusammenarbeit im Bereich erneuerbare Energien, aber auch Migration: Indien hat ein aktives Interesse daran, dass Menschen aus Indien im Ausland arbeiten, sich dort weiter qualifizieren und/oder Teile ihres Einkommens nach Hause überweisen. Dies ist eine Win-Win-Situation und passt sehr gut zur Fachkräftestrategie der Bundesregierung: hier haben wir jüngst die Rahmenbedingungen für die Einwanderungen von Arbeitskräften erleichtert.
Auch die Industrie zeigt hier Initiative: in Goa konnten wir im dortigen Siemens-Werk eine Ausbildungswerkstatt besuchen. Der Konzern bildet in Indien mehrere Tausend Jugendliche vor allem aus unterprivilegierten Familien nach deutschen Standards aus.

Ein weiteres Thema der Gespräche war die Ausgestaltung eines möglichen Freihandelsabkommens zwischen der EU und Indien. Hierfür wurden die zwischenzeitlich auf Eis liegenden Verhandlungen im letzten Jahr wieder aufgenommen. Beide Seiten haben ein Interesse daran, ihre Lieferketten zu diversifizieren, dennoch darf sich die EU-Kommission nicht nur mit den „Low hanging fruits“ begnügen, sondern muss die mittlerweile EU-weit geltende Beschlusslage zu durchsetzbaren Nachhaltigkeitskapiteln zum Maßstab ihrer Verhandlungen machen. Entsprechend erscheint der Zeitplan, bis Ende 2023 ein substanzielles Ergebnis vorzulegen, äußerst ambitioniert. 

Ein sinnvoller Anknüpfungspunkt, um die notwendige Intensivierung der Handelsbeziehungen erfolgreich anzugehen, ist die Anfang Februar erfolgte Einrichtung eines Handels- und Technologierats (TTC), um strategische Herausforderungen beim Handel, grüne und vertrauenswürdige Technologien und widerstandsfähige Lieferketten sektorspezifisch und lösungsorientiert anzugehen. Wir müssen unsere internationale Außenwirtschaftspolitik eng mit der Entwicklungszusammenarbeit koppeln, um nachhaltige Produktionsstätten, Ansätze einer Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfung vor Ort zu fördern, statt mit der Forderung nach einem umfassenden Freihandels- und Investitionsabkommen Erwartungen zu schüren, die nicht zu einem Erfolg zu führen sind.  

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